Kalabrien - Kulturschätze, Genusswandern, La Dolce Vita 

«Reiseblog von Yvonne, FreitagTravel»

Kalabrien, September 2017
Die vielen Gesichter Kalabriens faszinieren mich immer wieder aufs Neue! Einerseits die jahrtausendalte Geschichte und Kultur, die das Land geprägt hat und heute noch lebendig ist, andererseits die ursprünglichen Landschaften mit pittoresken Bergdörfern und paradiesischen Badebuchten. Gekrönt wird ein Aufenthalt durch die kulinarischen Spezialitäten, die ausgezeichneten Weine und nicht zuletzt durch die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Kalabresen. Kalabrien lädt immer zu spannenden Entdeckungsreisen ein!

Capo Colonna
In einzigartiger Lage, zwischen dem unendlichen Blau des Himmels und des Ionischen Meeres, verkörpert diese einsame Säule am Capo Colonna, an der östlichsten Spitze Kalabriens, das Symbol von Harmonie und Schönheit antiker Architektur. Sie ist der letzte Rest eines der bedeutendsten Heiligtümer der Magna Graecia, dem monumentalen Tempel der Hera Lacinia aus dem 6. Jh. v. Chr.
Noch heute, nach 2500 Jahren, strahlt der Ort für mich etwas Mystisches, Ehrwürdiges aus. 
Hera, die Gattin des Zeus, war die Schutzgöttin der Ehe und der Familie. Um sie zu verehren, kamen die Bewohner der grossgriechischen Kolonien von überall her zusammen. Der Tempel barg unvergleichliche Schätze, darunter eine massive Säule aus Gold sowie zahlreiche Statuen von Olympiasiegern, vor allem des nahegelegenen Kroton, der Stadt mit den erfolgreichsten Olympioniken der alten Welt. 

Ältestes Weingut Kalabriens
In der Antike hiess Kalabrien „Oinotria“, Weinland. Eine 2800 jährige Weinbautradition hat der Welt einen der ältesten und berühmtesten Rotweine geschenkt: den Cirò.
Ein paar km nördlich von Crotone befindet sich das älteste Weingut Kalabriens, das 1845 gegründet wurde. Bereits in der fünften Generation setzen die Ippolito-Vettern alles daran, Weine von überragender Qualität aus der Gaglioppo- und Calabrese Traube zu keltern, indem sie auf eine gelungene Symbiose von Innovation und Tradition setzen.
Bei einer Führung durch die Weinberge können wir kaum glauben, dass die Reben in den Hanglagen sogar bei der diesjährigen, langanhaltenden Dürre ganz ohne Bewässerung auskommen!

Imposante Raganello – Schlucht
Zu den geologischen Besonderheiten des Nationalparks Pollino, dem grössten italienischen Nationalpark (192.565 Hektar) gehört neben den berühmten steinzeitlichen Felsritzzeichnungen zweier Urrinder in der Grotta del Romito auch die spektakuläre Gole del Raganello, die im Laufe der Jahrtausende durch Erosion in dem Kalkgestein entstanden ist. Hinter dem hübschen Dörfchen Cívita, mit albanischem Einfluss, ragen bis zu 700 Meter steile Felswände vom Fluss Raganello in die Höhe.
Vom Dorf aus kann man bequem hinabsteigen und die imposante Schlucht von der Ponte del diavolo (Teufelsbrücke) aus bestaunen. Abenteuerlustige können die 13 km lange Schlucht oder Teile davon auch im Canyoning-Stil begehen.    

La Cattolica in Stilo
Vom 6. – 11. Jh. gehörte Kalabrien zum byzantinischen (oströmischen) Reich. Vor allem entlang der Ionischen Küste stösst man auf die Spuren der Basilianer-Mönche, die aus dem Orient nach Kalabrien kamen, um als Eremiten in Höhlen zu leben und später byzantinische Kirchen errichteten.
Die Cattolica Kirche in Stilo aus dem 10. Jh. war ein bedeutendes Zentrum basilianischen Mönchtums für die umliegenden Lauren (Einsiedeleien) und zählt wegen ihrer Vollkommenheit zu den schönsten byzantinischen Bauwerken.
Die entzückende, kleine Kreuzkuppelkirche fügt sich harmonisch in eine wunderschöne Landschaft. Von hier aus geniesst man einen herrlichen Blick auf die hübsche Altstadt von Stilo und das im Sommer ausgetrocknete Flussbett des Stilario.

Kalabresische Gastfreundschaft
An einem nicht minder schönen Ort, in der Bergeinsamkeit der Sila, besuchen wir ein weiteres byzantinisches Bijou, das ehemalige Basilianerkloster Santa Maria del Pátire, in dem noch herrliche Mosaikböden erhalten sind.
An diesem spirituellen Ort  treffen wir auf eine Gruppe Kalabreser beim Picnic. Spontan laden sie uns ein, ihre typischen, hausgemachten Produkte zu probieren: Sardellenpaste, Nduja (scharfe Streichwurst mit Peperoncini), Capocollo (Schweinenacken), Pecorino (Schafskäse) und natürlich Vino rosso. Die Ursprünge für den freundlichen Umgang mit dem Gast liegen vielleicht in der griechischen Antike. Der Fremde konnte ja auch ein Gott sein, der in einer Verkleidung kam, um die Gastgeber zu prüfen. Ein schlechter Gastgeber wurde von den Göttern bestraft.

Traumhafte Badebuchten
Vor allem an der tyrrhenischen Küste gibt es zahlreiche Buchten mit steilen Felsklippen und türkisblauem Meer. Bekannt für seinen feinen, weissen Sandstrand ist das Capo Vaticano im Süden, aber auch weiter nördlich bei Diamante und Scalea gibt es wunderschöne Buchten. Hier lässt es sich am Ende einer Reise gut ausspannen, besonders, wenn man in einem alten Adelshaus mit schönem Garten untergebracht ist und vom Meeresrauschen in den Schlaf gewiegt wird.
Sollte man genug vom Sonnen und Baden haben, kann man bekanntere Orte wie Tropea und Pizzo anschauen oder im Hinterland hübsche Bergdörfer entdecken und mit etwas Glück auch typische Feste der Einheimischen erleben.